Vortrag: Journalismus und künstliche Intelligenz
Selbstlernende Systeme sind zugleich Resultat und Antreiber der digitalen Revolution – und sie stellen uns vor ungekannte Herausforderungen. Denn während sie bereits gesellschaftliche Prozesse prägen, ist diese Gesellschaft noch kaum in der Lage, die Technologie zu verstehen (Explainability), zu hinterfragen (Accountability) oder gar wirksam zu kontrollieren (Regulation). Das ist kaum verwunderlich: Die wenigsten Systeme versorgen ihre Anwender/innen mit allgemein verständlichen und im Detail aussagekräftigen Erklärungen, zugleich ist auch das Grundlagenwissen noch nicht verbreitet genug. Letztlich brauchen wir eine weit verbreitete Algorithmic Literacy, die auch KI und Machine Learning einschließt. Doch wie kommen wir dahin?
Ein Baustein auf diesem Weg ist die Kommunikation zwischen intelligenten Systemen und ihren Anwender/innen. Dabei können besonders relevante Fragen beantwortet werden: Auf welcher Datenbasis hat das System gelernt? Wie akkurat sind seine Resultate? Würden diese anders ausfallen, wenn bestimmte Eigenschaften sich veränderten? Und welcher Handlungsspielraum bleibt – für die Menschen, die das System trainieren, mit ihm zusammenarbeiten oder von seinen Ergebnissen betroffen sind? Im Idealfall entsteht so ein Dialog, der Menschen dabei hilft, ein tieferes Verständnis zu konkreten Anwendungen zu entwickeln, und der einen produktiven Diskurs zwischen Forschung und Öffentlichkeit ermöglicht. Diesen Diskurs gilt es voranzutreiben, wenn KI letztlich den Menschen nutzen soll und als „gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ verstanden wird.
Bei dieser Veranstaltung werden erste Lösungsansätze vorgestellt, die einen derartigen Dialog unterstützen. Darin fließen sowohl Arbeiten aus der Forschung als auch Erfahrungen aus dem Journalismus ein. Anschließend sollen in einem offenen Prozess weitere Ansätze entworfen und prototypisiert werden. Gesucht sind konkrete Ideen, die Menschen dazu anregen und dabei unterstützen, sich intensiver mit der Funktionsweise bestimmter intelligenter Systeme auseinanderzusetzen. Welches Format diese Ideen haben, spielt dabei keine Rolle – wichtig ist allein, dass sie wirken. Dieses Projekt soll daher möglichst viele Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen einbeziehen, interessierte Laien ebenso wie Studierende und Forschende. Wir freuen uns sehr über Anregungen, Tipps und Feedback jeder Art!
Christina Elmer
studierte Journalistik und Biologie in Dortmund. Nach ihrem Volontariat beim Westdeutschen Rundfunk arbeitete sie als Redakteurin bei der Deutschen Presse-Agentur, spezialisiert auf die Auswertung und Visualisierung von Datensätzen. Ab 2011 war sie Datenjournalistin im Team Investigative Recherche des Magazins „Stern“. Zum „Spiegel“ kam sie im Mai 2013 als Redakteurin im Online-Ressort Wissenschaft und baute dann das Ressort Datenjournalismus auf. Ab 2017 gehörte sie zur Chefredaktion von „Spiegel Online“. Seit März 2019 ist sie Geschäftsführende Redakteurin im Bereich Redaktionelle Entwicklung des „Spiegel“, seit November 2019 stellvertretende Entwicklungschefin. Vom „Medium Magazin“ wurde Christina Elmer 2016 zur Wissenschaftsjournalistin des Jahres gewählt. Als Vorstandsmitglied von netzwerk recherche, Deutschlands größtem Förderverein für investigative Reporter, setzt sie sich aktiv dafür ein, den Datenjournalismus voranzutreiben und ermutigt Kolleg/innen zur Nutzung neuer Techniken und Werkzeuge. Sie ist Jurymitglied bei Nannen Preis, KlarText-Preis und Netzwende-Award, lehrte als Dozentin u.a. an der Universität der Künste in Berlin und als Referentin bei den „Tauchgänge in die Wissenschaft“ der Robert Bosch Stiftung. Christina Elmer ist Autorin für das „Data Journalism Handbook 2“ und Mitglied der internationalen Initiative „JournalismAI“ der London School of Economics.
Allgemein zum Cyber Valley Journalist in Residence Programm
In einem drei- bis sechsmonatigen Aufenthalt beschäftigt sich ein/e für dieses Programm freigestellte/r Wissenschaftsjournalist/in damit, wie KI-Anwendungen sinnvoll für guten Journalismus genutzt werden können. Die ausgewählte Journalistin bzw. der ausgewählte Journalist bestimmt Thema und Fragestellung selbst und unabhängig. Den Auftakt für das Pilotprogramm macht ab dem 1. April Christina Elmer, stellvertretende Entwicklungschefin des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“.
Kontakt
Patrick Klügel - Public Engagement Manager
Mobile: + 49 151 74238237
E-mail: patrick.kluegel@cyber-valley.de