„Kinder können KI kritisch hinterfragen“
Interview mit Gregor Schulte, einem der Macher im KI-Makerspace
Tabea Brietzke, Hilfskraft im Cyber Valley Public-Engagement-Team, hat mit Gregor über die Angebote und Ziele des KI-Makerspace gesprochen. Das Interview wurde für die schriftliche Version sprachlich überarbeitet und gekürzt. Das Interview mit Gregor Schulte können Sie auch in der aktuellen Ausgabe unseres Podcasts „Direktdurchwahl“ hören, Folge 8: Verstehen Kinder KI?
Ist künstliche Intelligenz nicht ein viel zu komplexes Thema für Kinder?
KI ist ein schwieriger Einstieg, wenn man sich zum ersten Mal mit Technologie auseinandersetzt. Wir wollen Kindern den Weg dorthin vielmehr ebnen und zeigen, welche Technologien es überhaupt gibt. Am Ende steht dann die künstliche Intelligenz. Und das können bereits Kinder verstehen.
Die Wirtschaft ist sehr interessiert an KI-Expert:innen. Geht es beim Makerspace auch darum, Kinder möglichst früh zu Fachkräften auszubilden?
Nein. Es geht viel eher darum, dass wir die Kompetenzen bei den Kindern stärken. Sie sollen verstehen, was es mit der künstlichen Intelligenz auf sich hat und sich dann kritisch damit auseinandersetzen.
Warum ist es wichtig, von klein auf in das Thema KI einzusteigen?
KI wird unsere Gesellschaft immer weiter beeinflussen. Wir nutzen jetzt schon viele Systeme in unserem Alltag, bei denen eine künstliche Intelligenz Entscheidungen trifft. Man kann sich eigentlich gar nicht früh genug damit auseinandersetzen, um das zu verstehen und auch einschätzen zu können.
Können Kinder künstliche Intelligenz denn schon kritisch hinterfragen?
Das können sie auf jeden Fall. Wenn man mit Kindern über die ethischen und gesellschaftlichen Aspekte der künstlichen Intelligenz diskutiert, bekommt man erstaunlich reflektierte Antworten. Man merkt, dass Kinder häufig schon genau wissen, was künstliche Intelligenz bedeutet.
Was können Kinder und Jugendliche im Makerspace machen?
Wir haben viele verschiedene Labore und Werkstätten. Das Angebot reicht von einfachen Spiel- und Bastelmöglichkeiten über programmierbare Roboter bis hin zur Programmierung am Computer. Wir haben auch abseits von KI zum Beispiel einen 3D-Drucker, und einen Lasercutter, mit dem man Papier und Holz schneiden kann. Es gibt also ein ganz breites Spektrum an Geräten und Dingen, die die Kinder ausprobieren können.
Gibt es ein Mindestalter und ist das Angebot kostenfrei?
Ein Mindestalter gibt es nicht. Selbst die Kleinsten können in den KI-Makerspace kommen und sich mit handwerklichen oder technischen Themen auseinandersetzen. Wir haben Roboter, die man auch ohne lesen zu können programmieren kann. Diese Roboter kann man über farblich kodierte Bausteine über den Teppich fahren lassen. Zu den Öffnungszeiten kann man hier immer hereinspazieren. Und die Kurse, die wir anbieten, wie zum Beispiel die Programmierkurse, sind kostenlos.
An vielen Schulen gibt es Informatikunterricht. Sollte das, was ihr macht, nicht eigentlich an Schulen stattfinden?
Nicht jede Schule kann das in dem Umfang leisten, insbesondere die Betreuung und die Arbeit an den Geräten ist zeitintensiv. Deshalb verstehe ich den KI-Makerspace als ergänzendes Angebot zu dem, was die Schulen schon leisten. Es gibt Schulen, die gut ausgerüstet sind und die tolle Informatiklehrer haben. Aber das gilt eben nicht für alle. Die Kompetenzen, die man in unserer durch Informationstechnologien geprägten Gesellschaft braucht, sollten aber auf jeden Fall in Schulen vermittelt werden. Das halte ich für sehr wichtig.
Wen erreicht der KI-Makerspace: nur die, die bereits an Technik interessiert sind?
Natürlich kommen viele, die sich in ihrer Freizeit mit diesen Themen auseinandersetzen und vielleicht sogar einen 3D-Drucker zu Hause haben. Aber wir haben auch Kinder und Jugendliche, die noch nicht so viel Berührungspunkte damit hatten. Wir versuchen, sie gezielt anzusprechen; ihnen die Chance zu geben, Dinge auszuprobieren und ihr Interesse zu wecken. Oft erleben wir, dass Kinder erst beobachten und sich alles in Ruhe angucken. Sobald sie herausfinden, was die Geräte alles können, entwickeln sie eigene Ideen und Projekte.
Aber nach wie vor existiert ja das Klischee, dass vor allem Jungs an technischen Dingen interessiert sind. Bietet der Makerspace auch spezielle Angeboten für Mädchen?
Ja, wir hatten in den Osterferien ein spezielles Programm für Mädchen, das wir fortführen möchten. Außerdem gibt es Angebote anlässlich des Girls’ Day.
Aber: Es geht uns weniger um das Geschlecht; wir wollen ganz unabhängig davon generell unterprivilegierte Kinder oder technikfernere Gruppen an unsere Themen heranführen und in den Fokus nehmen. Ein Ansatz ist, dass wir mit Förderschulen in Kontakt treten und die Kinder hierher einladen.
Kann eure Zielgruppe eigentlich auch eigene Wünsche einbringen?
Ganz genau, das ist uns wichtig. Unser Angebot soll auf die Bedürfnisse und Wünsche der Kinder ausgelegt sein. Wir sind dabei, einen Jugendrat zu gründen, bei dem Kinder ein eigenes Budget verwalten und mitentscheiden können, was damit beschafft werden soll.
Und was wünschst du dir für die Entwicklung des KI-Makerspace?
Es würde mich freuen, wenn wir eine feste Institution in Tübingen werden. Wenn jemand nach einem Ort fragt, an dem man sich mit Technologien auseinandersetzen kann, soll die Antwort lauten: „Da musst du zum KI-Makerspace gehen.“