Max-Planck-Institut feiert Doppeljubiläum
Prominente Gäste zelebrieren 10 und 100 Jahre exzellente Wissenschaft im Neuen Schloss
Auch die Bedeutung beider Institute für den Wissenschaftsstandort Baden-Württemberg sowie Deutschland als Ganzes wurde hervorgehoben. Vor allem die jüngsten Forschungsergebnisse im Bereich des Maschinellen Lernen, des Maschinellen Sehens und der Robotik erzeugten eine Strahlkraft, die die Region Stuttgart und Tübingen und darüber hinaus zu einem der weltweit führenden Zentren für die Erforschung künstlicher intelligenter Systeme machten.
„Als ich anfing, mich mit maschinellem Lernen zu beschäftigen, war das aus dem wissenschaftlichen Interesse, zu verstehen, wie man Struktur in Beobachtungen erkennen kann,“ sagt der geschäftsführende Direktor des Instituts, einer der global meistzitierten KI-Forscher, Prof. Dr. Bernhard Schölkopf. „Ich hatte keine Vorstellung, wie sehr sich unsere Welt verändern würde, und wie sich auch meine Heimat verändern würde. Technische Systeme der Zukunft werden mit der Komplexität der Welt umgehen, indem sie aus Beobachtungen lernen. Das ist ein Paradigmenwechsel, der universell ist, von der Astronomie und Klimaforschung bis hin zur Medizin. Die Wege von der Grundlagenforschung zur Anwendung sind hierbei kurz, und die handelnden Personen oft ein und dieselben. Unser Max-Planck-Institut steht seit zehn Jahren im Zentrum dieser Entwicklung.“
Prominente Gäste waren ins Neue Schloss eingeladen, die wesentlich zum Erfolg des Instituts beitragen und es von Anfang an stark unterstützen. Zum einen Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann, der die Wichtigkeit des Forschungsfeldes Maschinelles Lernen früh erkannt und gefördert hat. Kretschmann war daher auch voller Lob: „Mancher Beobachter fragt sich: Wie haben die das bloß hinbekommen? Aus meiner Sicht sind es drei Faktoren: Die richtige Einstellung. Die richtigen Leute. Die richtige Vision.“
Mit Blick auf Europas größtes Forschungskonsortium, das Cyber Valley, sagte er: „Als wir 2016 das Cyber Valley aus der Taufe gehoben haben, war uns klar: Wenn wir das jetzt machen, dann müssen wir es mit aller Kraft machen. Deshalb lautet die Devise: Klotzen statt Kleckern!“ Auch die Vision hinter dem Verbund der führenden KI-Zentren Europas, dem Europäischen Labor für Lernende und Intelligente Systeme – kurz ELLIS – lobte der Ministerpräsident. „Mit ELLIS wird unsere Region endgültig zum Dreh- und Angelpunkt für eine eigene KI-Kompetenz in Europa.“ Er hob zudem hervor, dass Forschung immer dem Menschen dienen müsse, seinem Leben in Freiheit und Würde. Genau diese Werte seien die Antriebskraft der Forschenden am MPI für Intelligente Systeme. „Daher freue ich mich auf die Zukunft des Instituts hier in unserem Land.“
Auch MPG-Präsident Stratmann drückte seinen Stolz auf das MPI für Intelligente Systeme und das MPI für Metallforschung aus. Damals noch als Vizepräsident, hatte er 2009 den Wandel hin zu den intelligenten Systemen stark unterstützt. Obwohl selbst ein Metallforscher, der die weltweit renommierte Materialforschung am MPI-MF immer bewundert hatte, war Stratmann die treibende Kraft von Seiten der Max-Planck-Gesellschaft, eine radikale Transformation und komplette Neuorientierung zu wagen.
„Das MPI für Metallforschung war immer modern im besten Sinne des Wortes und der Zukunft aufgeschlossen. Da war es vielleicht auch kein Wunder, dass man hier bereit war, sich vor mehr als zehn Jahren auf ein völlig neues Abenteuer einzulassen“, so Stratmann. „Wir diskutierten damals in der Chemisch Physikalisch Technischen Sektion ein interessantes zukünftiges Forschungsfeld, das Gebiet der kognitiven Robotik. Im Laufe der Beratungen weitete sich unser Blick über die kognitive Robotik hinaus in das Feld des Maschinellen Lernens und der Künstlichen Intelligenz allgemein – lange übrigens, bevor dieses Forschungsgebiet die Bedeutung von heute erlangte.“
Es scheine in Baden-Württemberg eine stille Übereinkunft zu geben, so Stratmann, dass wenn eine Idee Sinn mache, Politik, Wirtschaft und Forschung gemeinsam an einem Strang zögen. „Das merke ich hier immer wieder und es beeindruckt. Man denkt und agiert in langen Zeiträumen; gerade das kann aber – wenn man die richtigen Entscheidungen im richtigen Moment trifft – auch bereits kurzfristig zu Erfolgen führen. Wie hier geschehen. Damit haben Sie alle übrigens nicht nur dem Land, sondern in meinen Augen auch dem Wissenschaftsstandort Deutschland einen Dienst erwiesen.“
Präsident Stratmann appellierte daher auch an alle Mitarbeiter der Max-Planck-Gesellschaft, die Wissenschaft zu betreiben, die sie begeistert und fasziniert. „Schlagen Sie die Wege ein, die vielleicht noch keiner vor Ihnen gegangen ist, lassen Sie sich auf Neuland ein. In der Wissenschaft gilt der Spruch wie vielleicht sonst nirgendwo: nur wer wagt, gewinnt,“ so Stratmann.
Teil der Veranstaltung waren auch zwei wissenschaftliche Vorträge – einer im Bereich der Materialforschung und einer im Bereich des Maschinellen Lernens. Prof. Dr. Claudia Felser, Direktorin am Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe, trug zum Thema „from topology to green hydrogen“ vor. Dr. Joaquin Quiñonero-Candela, zuletzt Distinguished Technical Leader for Responsible AI at Facebook, referierte zum Thema „Verantwortungsvolle KI“. Er sprach darüber, wie wichtig es sein, nicht allein den USA und China die Entwicklung und Anwendung von KI zu überlassen. Europa müsse mit seiner Kultur und seinen Werten eine Führungsrolle einnehmen. Die Welt brauche Europa als führende Kraft im Bereich Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen.
Diesem Auftrag sehen sich die Forschenden des MPI-IS verpflichtet. Der Mensch stehe im Mittelpunkt der Forschung am MPI für Intelligente Systeme, so Bernhard Schölkopf abschließend. „In dem Prozess, in dem sich unser Institut neu erfunden hat, war der gemeinsame Glauben aller Beteiligten verankert, dass es primär um Menschen geht, wenn wir die Zukunft positiv gestalten wollen.“