Nachwuchs für die künstliche Intelligenz
Mit exzellenter Lehre betreibt Matthias Hein Standortpflege
Matthias Hein, Professor für maschinelles Lernen an der Universität Tübingen, blickt mit Spannung auf die nächsten Schritte der Absolvent:innen. Einige schauen sich gerade nach Promotionsstellen um, viele bleiben dabei am Standort, andere wiederum gehen in die Wirtschaft. Für den Professor unterstreicht das die Bedeutung der intensiven Ausbildung im Master-Studiengang: „Gute Leute auszubilden ist eigentlich die wichtigste Komponente, wie wir einen Transfer zwischen Wissenschaft und Gesellschaft sicherstellen können. Mit den Kenntnissen aus ihrem Studium können sie jetzt in die Industrie gehen und ihr Wissen so anwenden, wie sie es hier gelernt haben.“ Und damit die Ausbildung im Studiengang auch wirklich exzellent ist, hat dieser ein sehr spezielles Curriculum, das den Studierenden viele Möglichkeiten bietet.
Studienplan nach dem Baukastenprinzip
„In unserem Master-Studiengang sind die Studierenden sehr frei, in welche Richtung sie sich spezialisieren wollen“, erklärt Hein. Daher sieht der Studienplan nur wenige Pflichtfächer vor. „Es gibt natürlich eine breite Einführung in die Grundlagen. Aber dann kann man sich sein Studium so gestalten, wie man möchte – und man ist im Prinzip frei, eigene Themen einzubringen.“ So können die Studierenden beispielsweise auch Vorlesungen aus komplett anderen Fachbereichen wie Ethik, Philosophie, Jura oder BWL belegen.
So möchten Hein und seine Kolleg:innen zum einen dem Wesen der KI als Querschnittsdisziplin Rechnung tragen, die mittlerweile in einer ganzen Reihe unterschiedlicher Forschungsrichtungen zum Einsatz kommt. Zum anderen fördert es die intensive und vor allem auch kritische Auseinandersetzung mit KI, ihren Grenzen und den gesellschaftlichen Herausforderungen.
Diese offene Ausrichtung macht den ersten und bislang einzigen Universitäts-Studiengang in Deutschland im Bereich maschinelles Lernen einzigartig. Hinzu kommt eine breite, internationale Ausrichtung des englischsprachigen Studiums. So soll der Austausch mit Forscher:innen aus anderen Ländern und Kulturen gefördert werden.
Reden – miteinander statt übereinander
Den Austausch mit der Gesellschaft versuchen die Forschenden auch auf breiter Ebene engagiert anzugehen, gerade auch vor dem Hintergrund der Ethik-Debatten, die immer wieder rund um das Thema entstehen. Für Matthias Hein sind das wirklich wichtige Aktivitäten, denn manchmal sei einfach noch nicht ganz klar, wie Dinge in der Forschungsrealität abliefen und was es mit KI wirklich auf sich habe. „Durch direkte Gespräche, lassen sich oft viele Fragen schnell klären“, so der Professor. Entsprechend positiv sieht er auch die Unterstützung durch das Cyber Valley Public Engagement Team, das dezidiert die Vermittlung zwischen der Öffentlichkeit und den Forschenden im Bereich KI unterstützt.
„Es ist eine super Sache, dass Cyber Valley hier so aktiv ist. Andere Standorte sind in der Ethik-Debatte teilweise noch am Anfang – wir sind dadurch zumindest schon mittendrin“, stellt Hein fest. Besonders gut beurteilen kann Hein das auch aus seiner eigenen Forschung heraus. Seine Arbeit deckt unter anderem zwei Aspekte ab, die oft im Zentrum ethischer Auseinandersetzungen rund um KI stehen: die Robustheit und die Erklärbarkeit der Entscheidungen dieser Systeme.
Zuverlässigkeit und Fairness als Schlüssel zur Akzeptanz
In einem neuen Forschungsprojekt geht Hein jetzt im Medizinbereich den Fragen nach, wie die Zuverlässigkeit und Genauigkeit von KI-Anwendungen bei der Diagnose von Krankheiten verbessert, also wie diese Systeme robuster gemacht werden können. Das Projekt wird über mehr als fünf Jahre mit insgesamt fünf Millionen Euro von der Carl-Zeiss-Stiftung gefördert. „Es geht uns darum, ein Regelwerk zu kreieren, das sicherstellt, dass KI-Systeme in der Praxis dann so funktionieren, wie wir das von ihnen erwarten“, formuliert Hein das Ziel. Denn gerade in sicherheitskritischen Bereichen wie der Medizin sind die Herausforderungen und die Relevanz für maschinelles Lernen besonders hoch. Nur so kann langfristig die Akzeptanz für den Einsatz solcher Systeme auf breiter gesellschaftlicher Basis sichergestellt werden.
Einen ebenso spannenden gesellschaftlichen Austausch stellt die Auseinandersetzung mit dem Thema Fairness von KI dar. Denn auch vermeintlich neutrale Systeme können unfaire Entscheidungen treffen – nämlich zum Beispiel dann, wenn sie mit einseitigen und unausgewogenen Daten trainiert wurden. Dabei stellt sich aber immer auch die grundlegende Frage, was eine Gesellschaft für fair hält – sozusagen als gemeinsamen Nenner. „Es ist wichtig, dass wir ein Bewusstsein dafür schaffen, dass bestimmte Fragen gesellschaftlich diskutiert und evaluiert werden müssen. Denn es kann nicht Aufgabe der Entwickelnden von KI-Systemen sein, zu definieren, was fair ist – das ist eine gesellschaftliche Frage“, unterstreicht Matthias Hein die Bedeutung eines intensiven gesellschaftlichen Austauschs.
Der Mensch macht’s
Cyber Valley mit seinen Standorten in Stuttgart und Tübingen bringt für Hein beste Voraussetzungen mit, um solche Debatten zu führen. „Cyber Valley hat sehr gute Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hierher gebracht, die ihrerseits sehr gute Leute anziehen“, beschreibt der Professor die positive Dynamik und die besondere Strahlkraft von Cyber Valley weit über die Landesgrenzen hinaus.
Auch für Matthias Hein selbst, der 2018 aus Saarbrücken an die Universität Tübingen gewechselt ist und eine von Cyber Valley und Bosch eingerichtete Stiftungsprofessur übernommen hat, war das Umfeld verlockend. Mit dem Master-Studiengang maschinelles Lernen arbeitet er nun mit daran, die Vielfalt und Qualität des Standorts weiter zu stärken.
Immer wieder hinterfragen
Dementsprechend ist Matthias Hein auch sehr optimistisch, wenn man ihn nach der Zukunft von Cyber Valley und dem KI-Ökosystemim Herzen Baden-Württembergs fragt. „Wir sind hier auf einem sehr guten Weg“, so Hein, der sich sicher ist, dass der Standort weiter auf sehr hohem Niveau wachsen kann. Wichtig sei dabei aber, immer den kontinuierlichen Austausch und den Transfer aus der Forschung in die Gesellschaft und die Wirtschaft im Blick zu behalten. Und vor allem die Impulse aus diesen Bereichen aufzusaugen.
So wie das Hein auch in der Nachwuchsarbeit macht: „Es ist spannend, wenn man von Studierenden herausgefordert wird. Wenn Überlegungen in Frage gestellt werden und man die Dinge auch selbst immer wieder hinterfragen und gut begründen muss.“ Und das bringt nicht nur den Nachwuchs voran. Das hilft auch dabei, KI und maschinelles Lernen mit gemeinsamer Kraft und kritischem Blick in der Gesellschaft zu verankern.