Wofür steht Public Engagement?
Ein Kodex im Aufbau
Ethik im Berufsalltag
„Ich möchte kein Public Engagement für militärische Projekte machen“, meldet sich eine Teilnehmerin zu Wort. Beim First Steps Symposium der Berlin School of Public Engagement sammeln die Teilnehmer:innen aus der Wissenschaftskommunikation im September 2021 Konfliktsituationen aus dem Berufsalltag, in denen sie an Grenzen stießen. „Ich muss bei null anfangen“, berichtet ein weiterer Teilnehmer, der in seiner Institution erst das Bewusstsein dafür schaffen muss, dass interne und externe Kommunikation auch ethischen Richtlinien folgen sollte. Andere stoßen auf Widerstand, wenn sie wissenschaftliche Ergebnisse einfach verständlich darstellen möchten – schließlich könnten wichtige Inhalte verloren gehen, so die Sorge mancher Forschender.
Wie erklärt man, dass Public Engagement zwar an erster Stelle der Öffentlichkeit verpflichtet, aber eben nicht „neutral“ ist? Wie macht man transparent, auf welche Weise externe Partner:innen an Forschung beteiligt sind? Worin unterscheidet sich Public Engagement (PE) von „klassischer“ Public Relations (PR)? Bei Fragen wie diesen kann der Verweis auf vereinbarte Regeln in einem veröffentlichtem Kodex, ein Berufsethos, weiterhelfen. Ein bekannter Berufskodex ist beispielsweise der Pressekodex für Journalist:innen.
Was ist Public Engagement?
Public Engagement bezieht die Öffentlichkeit interaktiv in die Forschung ein und ist somit mehr als reine Wissens- oder Wissenschaftsvermittlung. Vielmehr ermöglicht Public Engagement auf vielfältige Weise den konstruktiv-kritischen Dialog zwischen Gesellschaft und den Forschenden, um möglichst viele Perspektiven für eine ethische, sozial reflektierte und gesellschaftsorientierte Forschung einzubringen.
Das virtuelle Treffen „Kodex im Aufbau“, dessen Ergebnisse hier dokumentiert sind, diente als erster Schritt hin zu einem gemeinsamen Berufskodex. Die Cyber Valley Public Engagement Manager:innen Patrick Klügel und Rebecca Beiter haben dieses Meeting geleitet. Sie gehören zu den ersten Personen an Universitäten in Deutschland, deren Berufsbezeichnung „Public-Engagement-Manager“ lautet. Gemeinsam setzen sie sich für eine Professionalisierung dieses Bereichs ein und betreuen mit der Unterstützung der Berlin School of Public Engagement die weitere Entwicklung eines Berufskodex. „Die Arbeit an einem Berufskodex hilft uns dabei, uns intensiv mit unseren Werten und der Vision und Mission von Public Engagement auseinandersetzen und abseits der Forschungsbereiche, die wir vertreten, eine gemeinsame Linie zu finden“, sagt Beiter.
Grafik: First Steps Symposium / Barbara Ott
Vision, Mission und Werte von Public Engagement
Ein Blick in andere Kodizes zur (Wissenschafts-)Kommunikation zeigt, dass Werte wie „Transparenz“ oder die Orientierung am Nutzen für die Gesellschaft in mehreren Kodizes enthalten sind. [Kommunikationskodizes im Überblick.] Trotz einiger inhaltlicher Überschneidungen ist Public Engagement etwas Anderes als die klassische Wissenschaftskommunikation und Public Relations. Das wird deutlich in den ersten Vorschlägen der Arbeitsgruppe für eine Formulierung der Vision, also des Ziel-Zustands, der mit Public Engagement erreicht werden soll:
Public Engagement ist das Bindeglied zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Es fördert die Offenheit in der Wissenschaft für gesellschaftliche Impulse und Interaktion und erhöht damit die Relevanz der Forschung für die Gesellschaft. Gesellschaftliche Akteure sind an wissenschaftlichen Prozessen beteiligt. Bürger:innen kommen in vielfältigen Formaten in direkten Kontakt mit Wissenschaftler:innen und verstehen durch PE die wissenschaftliche Methodik und die Perspektive der Forschenden. Darüber hinaus ist Public Engagement als fester Bestandteil in Forschungsprozesse integriert. Forschende nehmen Anregungen der Bürger:innen auf und bleiben in kontinuierlichem Austausch. Wissenschaft übernimmt dadurch Verantwortung für die Gesellschaft.
PE ist als Profession etabliert, professionalisiert und Gegenstand der Forschung.
Auch hat sich die Gruppe auf wichtige Werte geeinigt, die durch Public Engagement verstärkt vertreten werden sollen. Dazu gehört Sorgfaltspflicht und Faktentreue im Umgang mit wissenschaftlichen Ergebnissen, das Transparenzgebot und die Gemeinwohlorientierung. Mittels Public Engagement soll der Dialogwillen auch unter den Forschenden gefördert werden. Weitere Formulierungen für die Mission und Werte stehen noch zur Diskussion und sind in einem Arbeitspapier gesammelt.
Work in Progress: Gestalten Sie den Public-Engagement-Kodex mit!
Das Arbeitspapier ist auf der interaktiven Plattform der Berlin School of Public Engagement für Kommentare geöffnet: https://www.publicengagement.berlin/kodex-im-aufbau. Die Arbeitsgruppe PE-Kodex überarbeitet den Kodex zu einem vorläufigen Dokument, das in einer weiteren Veranstaltung vorgestellt und debattiert werden soll.
Im Sinn des Public-Engagement-Ansatzes, möglichst viele Perspektiven einzubeziehen und offen für alle Interessierten zu sein, möchten wir auch Sie gerne dazu einladen, an unserem Arbeitspapier und der Arbeitsgruppe mitzuwirken. Wenn Sie in der Wissenschaftskommunikation arbeiten, den Dialog zur Gesellschaft suchen und Lust auf diesen ergebnisoffenen Prozess haben, melden Sie sich gerne unter: public-engagement@cyber-valley.de.
Cyber Valley Public Engagement
Wie intensiviert man in einem großen Forschungskonsortium den Austausch mit der Gesellschaft? Wie kann eine diverse Public-Engagement-Community heranreifen, die Angebote mit unterschiedlicher Interaktionsintensität nutzt? Und wie führt das zu einer Beteiligung der Gesellschaft an der hochkomplexen Grundlagenforschung an künstlicher Intelligenz (KI) und intelligenten Systemen?
Cyber Valley, Europas größtes KI-Forschungskonsortium geht diese Fragen an und fördert mit seiner Public-Engagement-Strategie den dauerhaften Austausch zwischen Forschenden und Gesellschaft zum Thema künstliche Intelligenz. Das Ziel ist eine KI-Forschung, die nicht nur ethisch, sondern auch gesellschaftlich reflektiert ist. Regelmäßig stattfindende Formate wie beispielsweise der Podcast Direktdurchwahl oder die KI-Sprechstunde ergänzen langfristige Projekte wie den Aufbau eines KI-Makerspace für Jugendliche . Eine Übersicht über unsere Formate finden Sie hier: https://cyber-valley.de/de/public-engagement. In einem Gastbeitrag bei Wissenschaftskommunikation.de erklären die Public Engagement Manager:innen Rebecca Beiter und Patrick Klügel ihre Strategie detailliert. Wenn Sie über die PE-Aktivitäten informiert bleiben möchten, empfehlen wir unseren Newsletter.